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Hypnose-Therapie mit Dr. Wolfgang Dietrich

Bewusstsein

Was ist Bewusstsein, was ist Unbewusstes?

Um zu verstehen, wie therapeutische Trance wirkt, ist es notwendig, über die Begriffe Bewusstsein und Unbewusstes nachzudenken. Mit „Bewusstsein“ meinen wir üblicherweise unser Wachbewusstsein, also alles, was wir bewusst denken, wahrnehmen und empfinden. Wir wissen, dass es außerhalb dieses Wachbewusstseins zahlreiche Wahrnehmungs-, Gedanken- und Gefühlsinhalte gibt, die parallel ablaufen:

Unser Körpergefühl z.B. ist ständig da, meistens nehmen wir unseren Körper aber nicht mit bewusster Aufmerksamkeit wahr. Wir könnten jedoch jederzeit unsere Aufmerksamkeit auf einen beliebigen Anteil unseres Körpers richten, und damit in unser Bewusstsein treten lassen, wie sich dieser Körperteil anfühlt.

Erinnerungen sind gespeicherte Wahrnehmungs-, Gedanken- und Gefühlsinhalte aus der Vergangenheit. Wir widmen ihnen nur dann Aufmerksamkeit und lassen sie in unser Wachbewusstsein treten, wenn wir uns aktiv „erinnern“, d.h. den unbewussten Inhalt aus unserem Inneren abrufen. Das kann unterschiedlich leicht sein: Es gibt Erinnerungen, die wir leicht abrufen können und Erinnerungen, die verborgen und nur schwer abrufbar sind. Erinnerungen können auch verändert sein und sich von dem unterscheiden, was tatsächlich in der Vergangenheit abgelaufen ist.

Unsere Körpervorgänge unterliegen einer unbewussten Steuerung. So passen sich z.B. Atmung und Herz-Kreislauf-System ständig an wechselnde Anforderungen an. Das geschieht nicht nur zur Anpassung an körperliche Belastungen, sondern auch als Reaktion auf Gefühle. Wenn wir aufgeregt sind, beschleunigen sich Herzschlag und Atmung. Auch unser Magen-Darm-Trakt reagiert mit seiner Tätigkeit nicht nur auf zugeführte Nahrungsmittel, sondern ändert seinen Funktionszustand laufend, in bestimmten Tagesrhythmen, und reagiert – ebenfalls – auf Gefühle und Stress mit Veränderungen.

Einige unserer Körpervorgänge können wir bewusst verändern: Wir können bewusst Muskeln anspannen und unseren Körper bewegen. Auch wenn unsere willkürliche Muskulatur einen Anteil unbewusster Steuerung hat – den so genannten Muskeltonus, die Vorspannung der Muskulatur – wird sich unser Körper nur bewegen, wenn wir das bewusst in Gang setzen.

Mit der Atmung ist das schon etwas anders: Wir können zwar bewusst langsamer und schneller atmen, allerdings ist unsere Atmung nicht davon abhängig, dass wir sie mit dem Bewusstsein steuern. Wir atmen auch „von selbst“. Auch unser Herz schlägt „von selbst“ und wir können zwar unsere bewusste Aufmerksamkeit auf den Herzschlag richten, jedoch können die wenigsten Menschen mit ihrem Bewusstsein ihren Herzschlag auch direkt beeinflussen.

Bei anderen Organen liegt die Steuerung noch bewusstseinsferner: Es gibt zwar zahlreiche Nerven, die aus dem Gehirn zu den Organen in den Bauchraum ziehen, jedoch können wir die Organe nicht so einfach mit unserem Bewusstsein beeinflussen oder steuern. Die Organe reagieren aber auf Gefühle oder Stress, wie man das z.B. vom Reizdarmsyndrom kennt.

Das Bewusstsein

Wenn man sich genauer ansieht, wie unsere bewussten Gedanken ablaufen, wird klar, dass unser Bewusstsein nicht einfach aus sich ordentlich aneinander reihenden Gedanken besteht: Zum einen können wir zwar reinen Gedanken nachhängen, wir nehmen aber ständig Sinneswahrnehmungen auf, die immer wieder auch ins Bewusstsein gelangen. Stellen wir uns eine Person vor, die morgens aus dem Haus gegangen und auf dem Weg in die Arbeit ist: Auf diesem Weg können sehr viele Dinge praktisch „automatisch“ gemacht werden, da er gut bekannt ist, und vielleicht denkt die Person auf dem Weg in die Arbeit darüber nach, was sie an diesem Arbeitstag erwartet. Welche Aufgaben, was ist zu tun, welche Kollegen wird man treffen? Bereits beim Abschließen der Wohnungstür, auch wenn das ein sehr gut geübter und bekannter Vorgang ist, werden die meisten Menschen jedoch so viel bewusste Aufmerksamkeit verwenden, dass dieser Gedankenstrom kurz unterbrochen wird. Die Tür wird bewusst abgeschlossen. Schon die direkt anschließende Tätigkeit, das Verstauen des Schlüssels in der Hand-, Hosen- oder Jackentasche, wird wahrscheinlich unbewusst vorgenommen. Gibt es eine kleine Störung, z.B. kommt der Nachbar aus der Tür und grüßt freundlich, kann es sein, dass der Schlüssel statt in die Handtasche in die Jacke gesteckt wird. Auch wenn der Vorgang motorisch gut funktioniert, kann das dazu führen, dass später beim Nachhausekommen zunächst der Schlüssel verloren geglaubt und ängstlich gesucht wird.

Auch andere Ereignisse auf dem Weg in die Arbeit unterbrechen immer wieder den „Gedankenstrom“, weil sie eine bewusste Wahrnehmung und bewusstes Handeln erfordern: Die Ampel, an der man stehen bleibt, der Kinderwagen, dem man ausweicht usw.

Durch dieses Beispiel wird ebenfalls klar, dass wir unser Bewusstsein immer nur auf einen sehr kleinen Teilbereich unserer Wahrnehmungen richten, was aber gerade nicht heißt, dass die Wahrnehmungen nicht da sind, wenn wir uns nicht bewusst darauf konzentrieren. Die Hand, die unbewusst den Wohnungsschlüssel statt in die Jackentasche in die Handtasche steckt, verfügt über die volle Rückmeldung an Sinneseindrücken wie Lage, Bewegung, Muskelspannung, Hautempfindungen, nur eben nicht ins Bewusstsein.

Sehr schön ist, und in der Hypnosetherapie kann das genutzt werden, dass wir unsere bewusste Aufmerksamkeit lenken können. Prinzipiell können wir unser Bewusstsein richten, worauf wir wollen; sei es auf äußere oder innere Wahrnehmungen, auf Gedanken, auf Gefühle. Das ist nicht immer ganz einfach, z.B. wenn ein unangenehmes Symptom oder ein unangenehmer Gedanke unsere Aufmerksamkeit stark auf sich zieht. Aber es ist prinzipiell möglich. Wir können die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit bewusst auf ein Ziel unserer Wahl zu richten, lernen, üben und trainieren.

Das Unbewusste

Unbewusst ist alles, was zwar in unserem Denken und Fühlen vorhanden ist, aber sich nicht in der bewussten Aufmerksamkeit befindet, wie z.B. die Geschwindigkeit, mit der wir atmen, und ihre Steuerung. Oder Erinnerungen, die wir gerade nicht abrufen. Oder Bewegungen, die wir ausführen können, ohne sie mit unserem Bewusstsein zu steuern: Wir können gehen, indem wir wissen, wohin wir wollen. Wir steuern mit unserem Bewusstsein nur das Ziel an, wir müssen nicht bei jedem Schritt bewusst die Muskelgruppen unserer Beine in genau der richtigen Reihenfolge, Richtung und Geschwindigkeit bewegen.

Etwas anderes wäre, würden wir das erste Mal im Leben mit Schlittschuhen aufs Eis gestellt. Dieses Bewegungsprogramm muss erst noch gelernt werden, bevor es unbewusst ablaufen kann.

Im weitesten Sinn unterliegen alle unserer Körpervorgänge einer unbewussten Steuerung, egal ob es sich um motorische Programme oder Organ- und Zellfunktionen handelt.

Diese unbewussten Vorgänge können wir unterschiedlich leicht in unsere bewusste Aufmerksamkeit treten lassen: Es ist ganz einfach, die eigene Atmung zu beobachten, oder die Stellung und Muskelspannung einzelner unserer Körperteile. Schon das Beobachten unseres Herzschlags erfordert eine größere Konzentration. Oder wir versuchen einmal zu beobachten, wie unsere Augen einem bewegten Objekt folgen – die Augen bewegen sich ganz klar, gesteuert von je sechs Muskeln, deren Bewegung wir aber nicht so einfach merken. Erst recht ist die bewusste Wahrnehmung des komplizierten Vorgangs, der unsere Augen dem Objekt so folgen lässt, dass wir es nicht „verwackelt“ wahrnehmen, in seiner Gesamtheit kaum möglich.

Erinnerungen sind als Teile unseres Unbewussten immer „da“, auch wenn wir uns gerade nicht aktiv an sie erinnern: Stellen wir uns eine Person vor, die einmal von einem Hund gebissen wurde. Selbst wenn sie danach keine bewusste Angst vor Hunden haben sollte, wird die Person sich möglicherweise bewusst an das Ereignis erinnern, wenn sie einen Hund sieht. Mit Sicherheit wird sie sich bewusst an das Ereignis erinnern, wenn der selbe Hund, der sie damals gebissen hat, erneut mit gefletschten Zähnen auf sie zu kommt.

Die Person kann aber auch, ohne sich bewusst an das Ereignis zu erinnern, d.h. ohne die Erinnerung ins Wachbewusstsein zu holen, auf den bloßen Anblick des Hundes mit einer erhöhten Herz- und Atemfrequenz reagieren – sogar ohne das selbst bewusst zu bemerken: Dann hat die im Unbewussten verbliebene Erinnerung eine Änderung des körperlichen Zustands bewirkt, die ebenfalls im Unbewussten bleibt. Mit anderen Worten hat die Erinnerung – und zwar die im Unbewussten vorhandene und dort gebliebene Erinnerung – unbewusst Stress ausgelöst, als Reaktion auf einen an sich vielleicht neutralen Sinneseindruck, den Anblick eines Hundes.

In Bezug darauf, was in unserem Unbewussten alles enthalten ist – und es soll hier keine weitere Unterscheidung der unbewussten Inhalte in unbewusste, unterbewusste, vorbewusste Inhalte o.ä. vorgenommen werden – sind unsere Träume ein interessantes Phänomen: Im Traum befinden wir uns in einer gefühlten Realität, in der wir wahrnehmen, denken und fühlen wie in unserer realen Wirklichkeit, jedoch können die in der realen Wirklichkeit geltenden Naturgesetze und die natürliche Logik außer Kraft gesetzt sein. Wir sind in einer Traumwelt, und zwar mit unserem Bewusstsein, solange wir den Traum wahrnehmen, auch, wenn wir uns mit unserem Wachbewusstsein später erinnern können.

Warum die Naturgesetze und die Gesetze der Logik in unseren Träumen nicht gelten, mag daran liegen, dass wir in unseren Träumen tief in unser Unbewusstes blicken. Wir tun das aber mit unserem „Bewusstsein“, was als Wachbewusstsein, in unserem Wachzustand, vor allem mit der physischen Wirklichkeit zu tun hat. Damit dieses Wachbewusstsein komplexe unbewusste Inhalte „sehen“ kann, müssen diese in Bilder übersetzt werden, die das Bewusstsein versteht. Das Unbewusste kann z.B. dem Bewusstsein eine bestimmte Angst nicht direkt zeigen; das Bewusstsein benötigt eine verständliche Übersetzung, z.B. einen Angsttraum. Logik und Naturgesetze sind kein notwendiger Bestandteil dieser Übersetzung, wohl aber vom Bewusstsein wahrnehmbare Sinneseindrücke, Bilder und Emotionen.

Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch Träume gibt, in denen die Naturgesetze zu gelten scheinen.

Träume zeigen uns aber, dass es möglich ist, tief in unser Unbewusstes hinein zu blicken. Und, dass wir dazu bildhaftes, symbolisches, scheinbar unlogisches Denken und Fühlen verwenden müssen.

Trance kann dem Träumen sehr ähnlich sein, und in der therapeutischen Trance wird die Fähigkeit des Bewusstseins genutzt, in das Unbewusste hinein zu blicken. Wenn das gut funktionieren soll, sollten wir uns dabei darauf einlassen, dass wie im Traum in der Trance weder die Naturgesetze, noch die Gesetze der Logik gelten müssen.